Die Sehnsucht nach tiefen Gewässern

Ihre Beziehung ist das, was man toxisch nennt.
Aber das ist nicht der Punkt.
Der Punkt ist, dass sie schon immer miteinander verbunden waren. Und doch war es nichts als Zufall, dass Eva und Heinrich sich an diesem sehr trüben, regnerischen Tag überhaupt auf der alten Brücke begegnet sind.

Eine Seite aus „Die Sehnsucht nach tiefen Gewässern“:

(was vorher war)
Irmela Lenz geborene Winter ging in den Fluss, weil sie aus dieser Welt verschwinden wollte. Sie hatte nie schwimmen gelernt, so dass die Entscheidung für das Wasser naheliegend war. Außerdem wagte sich kaum einmal jemand über die Böschung am Flussufer hinaus, weshalb die Gefahr, gefunden zu werden verschwindend gering sein würde, wie sie in ihrer Unkenntnis hinsichtlich physikalischer Gesetze und des Strömungsverhaltens von Flüssen annahm.
Was sie damit erreichte, dass sie sich dem eiskalten Wasser der Mosel überließ und dafür eine besonders schwer zugängliche Stelle wählte, war aber nicht ihr eigenes Verschwinden aus der Welt, sondern hauptsächlich, dass die Welt für sie verschwunden war.
Schwimmen hatte in ihrer Familie wie im gesamten Ort als sinnlose Kompetenz gegolten. Es gab weit und breit keinen See, und auf die Idee, in den Fluss zu steigen, nur, um herumzuschwimmen, wäre niemand gekommen.